Mit einem Schlag bin ich hellwach – mitten in der Nacht. War was? Ein Geräusch... Als hätt’ man eine Leiter ans Haus gestellt. Schon lange vermute ich, dass meine bildhübsche Tochter nachts Besuch bekommt. Aber weil der Heißn-Bua noch a bisserl langsam schaut, muss es ein Anderer sein. Ich lehne mich aus dem Fenster, ganz weit. Das Kammerfenster meiner Tochter liegt um´s Hauseck. Von hier aus kann man nur schwer ausmachen, was dort los ist. Aber einen Schatten sehe ich. Könnt’ eine Leiter sein!
Ich stampfe an meiner Alten vorbei, die seelenruhig schläft. Sie behauptet, dass ich schnarche, und betoniert sich deshalb täglich die Ohren zu. Schnarchen? Ich? Pfiifkas! Außerdem - sterben könnt’ ich neben ihr und sie würd’s nicht mal merken. Sauschad wär’s um mich. Aber sie? Schläft! Also muss ich auch nicht aus dem Zimmer schleichen, Richtung Hintertür.
Die Vordertür ist bei uns immer zugesperrt. Außer es kommt sonntags Besuch. Ich also hinten raus, zieh die Tür zu - ganz sanft – und hab trotzdem plötzlich die Klinke in der Hand. „Kreiz-Kruze-Fix – Glump voreckts. Hod des owei no koana richtn kinna?“, schrei ich laut. Jetzt ist Konzentration angesagt. Vorsichtig schiebe ich den Griff wieder auf den Vierkant-Bolzen, der noch knapp aus der Türe ragt. Aber dabei drücke ich anscheinend die ganze Konstruktion noch weiter rein. Drinnen scheppert’s laut. Jetzt ist der Türgriff komplett hin. Wütend werfe ich die Klinke gegen die Tür. „Glump maledeits!“ Hier werde ich nicht mehr ins Haus kommen. Ist mir aber gerade ziemlich wurscht.
Leise schleiche ich ums Hauseck. Anstatt der Leiter herrscht gähnende Leere. Von weitem hört man noch Schritte im Kies. Wahrscheinlich hat mein Fluchen den nächtlichen Besucher gewarnt. „Irgendwann dawisch i di Bürscherl – und dann kann dir ned amoi da Herrgott helfa!“, zische ich giftig in die Nacht. „Dir mecht aa koana im Finstern begegnen, ha Bauer?“, tönt es von der Seite. Beherzt packe ich die Gestalt am Kragen. „Hob i di do no dawischt, ha Bürscherl? Wos fallt dir ei – bei meiner Tochter...“ Während meiner Strafpredigt merke ich, dass es der Dammerl ist. Der beginnt gleich, sich zu verteidigen „Aber Bauer– i hob doch nixe g’macht. Wia imma. I schwör!“. Ich lasse ihn los. „Ja, is ja scho guad Dammerl. Wo kimmst du denn um de Zeit her?“
Der Dammerl grinst nur blöd. „Ja mei – woaßt, i hob do a de Oa oder Andere, de i b’suach. Aber ned da am Hof. Du woaßt ja Bauer – Scheiß net, wo du frisst.“ Ein bisserl wundert’s mich schon, dass unser Großknecht überhaupt Anklang bei der Frauenwelt findet. Aber, was weiß schon unsereiner... „Hast du ebban aus unsam Hof ausselauffa g’seng? Da war oana beim Fensterln da.“ Der Dammerl braucht wie immer ein wenig, dann schüttelt er energisch den Kopf. „Naa Bauer – i glaub ned. Oba i hob a ned aufgmerkt, ob do ebba ganga is oder ned.“ Eine saudumme Antwort. Mir ist das jetzt schon wieder zu blöd mit ihm. „Dann schau, dass´d ins Bett kommst. Morgen hamma wieda vui zum doa.“ „Ja is guad – guad Nacht Bauer“. Und schon schleicht er davon. Hoppla, er kommt ja gar nicht ins Haus rein. Als ich ums Eck biege, ist vom Dammerl nichts mehr zu sehen. Ich wieder ums Haus, aber der Dammerl ist weg. Wie hat er es nur hinein geschafft?
Ich will mich noch ein bisserl umschauen. Vielleicht steckt der Bursche noch irgendwo. Vorsichtig gehe ich in die Richtung der Schritte. Ohne Mond und Sterne ist das gar nicht so einfach. Gut, dass ich in meinem Alter noch wie ein Luchs sehe. Tatsächlich – beim Baum bewegt sich was. Wieder packe ich zu. „So, hast gmoant, du wartst, bis i ins Bett geh, und dann kimmst wieda?“ Die Gestalt zappelt ein wenig. „Naa Bauer, i wollt doch selm aa grod ins Bett geh.“ Eine Frauenstimme – ich schau sie genauer an. Es ist - unsere Magd, das Annamirl. „Annamirl – wos machst du um de Zeit do heraußn?“ „Ach woaßt Bauer, mei Mam hod heid Namensdog ghobt, do bin i a weng länger bliebn.“ Ja, schläft denn bei uns gar keiner heute Nacht? „Host du ebban gseng, der bei uns vorher vom Hof ausse is?“ Sie überlegt kurz. „Naa Bauer – oba vorher hob i ebban bei deiner Tochter seim Kammerfenster g’seng!“ „Echt?“ Endlich kommen wir der Sache näher. „Kimm, erzähl Annamirl“. Sie baut sich wichtig auf: „Ja – do sand glei zwoa Männer drunter g’standen. Grad vorher, vor zwoa Minuten.“ So ein Rindviech! Das waren ja ich und der Dammerl. „Annamirl – schau einfach, dass d’ ins Bett kimmst.“ Ein wenig enttäuscht ist sie schon, dass ich nicht auf ihre Information eingehe. Aber dann ist sie auch schnell verschwunden.
Sonst finde ich keinen mehr. Plötzlich fällt mir ein, dass ich dem Annamirl nicht gesagt habe, dass die Hintertür kaputt ist. Trotz einer Runde ums ganze Haus kann ich aber auch sie nicht mehr finden. „Wia kemman de olle nur ins Haus eine?“, nuschle ich frustriert.
js
FORTSETZUNG FOLGT