Kirchgang à la Moa

FORTSETZUNG

 

 

Von unten hört man die tiefe Stimme des Pfarrers: „ …ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit…“ „AUSGMACHT“, schlag ich lautstark beim Geiern ein. Das hätte die Sonntagsliturgie fast ins Wanken gebracht. Irgendwie weiß in der Kirche keiner mehr, was er beten soll. Der Pfarrer fängt sich wieder und ergänzt das fehlende Amen, dann ruft er gereizt zu uns herauf: „Sagt’s mal, habt´s es jetzt bald da oben? Ha, Moa-Bauer?“ Ich sage gar nichts. Moa-Bauer hat er gesagt - vor der ganzen Gemeinde. Unser neuer Pfarrer ist ein Depp. Aber um Weihnachten herum kommt er schon dahergeschlichen. Dann wird’s nämlich Zeit zum Sammeln. Und ich? Ich werde dieses Jahr nichts hergeben. Selbst schuld.

Ansonsten verläuft der Gottesdienst wie immer. Einzig unser Preiß möchte die Kommunion als Möglichkeit zur Flucht nutzen. Wir bleiben wie betoniert sitzen. Und damit auch er. Draußen vor der Kirche kommt der Pfarrer lächelnd mit ausgestreckter Hand auf mich zu. Aha! Hat ihm die Mesnerin gesteckt, dass ich ein wichtiger Geldgeber bin? Wortlos lasse ich ihn stehen. Im Beleidigt-Sein macht mir keiner was vor. Als ich am Lenz vorbeigehe, meint er spitz: „Na, Moa-Bauer, wia damals in da Schui. Da host aa oiwei dei Bappn aufg’rissen. Hat der Pfarrer heid schimpfen miassn mit dir?“ Wenn der Lenz nur nicht so viel Schmarren reden würde. „Geh du liaba Holm und pass auf deine drei Antn auf. Wenn i no amoi oane in meim Dent dawisch, gibt’s an Dog drauf a feins Ragout. Vasprocha!“. Ich lasse ihn stehen. Wo ist bloß meine Alte? Ich will jetzt heim.

Natürlich steht sie bei der Massingerin und der Schusterin, den größten Ratschweibern vom Dorf. „… hat sei Frau ausghaut!“ „Nein – warum?“, höre ich meine Frau sagen. „Kimm, Resl“, sag ich, „wir fahrn jetzt hoam. Glei!“ Mein Ton erlaubt keine Widerrede. Sie kommt mit. Ihr Gesichtsausdruck spricht Bände.    Auf der Heimfahrt darf ich mir noch was anhören. Meine bildhübsche Tochter, das Maral, muss ich auch noch einsammeln. Die redet gerade mit – mit -- mit dem Karo-Preißn! Und wie sie ihn anlacht. Als der mich andampfen sieht, wird er blass. „Weg von meim Dirndl!“, fahre ich ihn an. Tatsächlich nimmt er Reißaus, schwingt sich auf sein Fahrrad und ward nicht mehr gesehen. Gut so. „Papa – spinnst du? Des is der neue Lehrer. Du kannst den doch ned so anschrein!“ Und ob ich das kann. „Heißn-Bua?“ Ich winke meinen zukünftigen Schwiegersohn herüber. „Kimm her – ihr zwei redet’s iatz noch a weng. Er begleit’ di heid z´Fuaß hoam - gell, Maral.“ Die verdreht nur die Augen. Der Heißn-Bua steht ihr gegenüber, rot wie eine Tomate und genauso stumm. Daran muss er noch arbeiten. Aber sie sind ja noch so jung...

Meine Alte wartet bereits in der Kutsche. Uuuh – die ist wirklich sauer. Bei ihrem Blick wird es gleich zehn Grad kälter. Stumm fahren wir los. Erst außer Hörweite legt sie los: „Sag mal, haben´s dir ins Hirn gschissen? Als erstes kommst zu spät. Dann den ganzen Gottesdienst mit’m Geiern Viecher handeln?“ Theatralische Pause. „I hob mi so gscha’mt. Draußen habens mich alle angschaut wia a Aussätzige. Koa Gruß - nixe. Guat, dass i mit da Schusterin und da Massingerin guad Freund bin. De ham no mit mir g’redt.“ Einmal Luft holen. „Aber da Rest? Ausglacht ham´s mi heit. Und hinter mein Buckel getuschelt. I hab mi so gschamt“. Ist sie jetzt fertig? „Und dann, als ’s ma no erzählt ham, dass da Unterhuaba sei Frau ausghaut hat, kommst du daher. Wo mi des so interessiert hätt, warum…“ Ich könnte es ihr sagen, aber Männer machen sowas nicht. „Was geht uns das an?“, gebe ich stattdessen knapp zurück. Die restliche Heimfahrt schweigen wir.

 

Immer wenn er mich sieht, haut er ab, der Jiri ....
Immer wenn er mich sieht, haut er ab, der Jiri ....

 

Am Hof steigt meine Frau wortlos aus der Kutsche. Heute wird ein ruhiger Sonntag. Plötzlich sehe ich hinten am Stadel jemanden vorbei huschen. Das kann nur der Jiri sein. Den kauf ich mir jetzt. Entschlossen biege ich um die Ecke und tatsächlich, anscheinend will er es sich gerade in der Sonne gemütlich machen. „Jiri – du fauler Hund. Hab i dir ned vorher g’sagt, dass du des Roß anspannen….“ Mitten im Satz stocke ich. Was ist denn das? „Jiri – de Hosn?“ Ich starre ihn ungläubig an. „Bauaaa. Schön gell? De Hosn hab i gefunden im Glumblooch. Feine Hosn für feine Jiri.“ Er grinst bis zu den Stockzähne. Er hat so wenig auf den Rippen, dass er die Hose mit einem Kälberstrick zusammenhalten musste. „Is mid Beluftung“. Er zeigt auf den Schnitt. „Ziag sofort de Hosn aus!“, fordere ich ihn finster auf.

 

Jetzt habe ich sie wieder – die Hose. Natürlich hat sich der Jiri partout geweigert, sie auszuziehen. Geschrieen hat er, als würde ich ihn eigenhändig abstechen. Meine Frau hat es sicher gehört. Aber weil sie ja heute nicht mehr mit mir redet, kam sie auch nicht um nachzuschauen. Glück im Unglück. Aber vielleicht hat sie den Jiri halbnackt über den Hof laufen gesehen? Wer weiß. Jetzt muss ich mir was Neues für die Hose ausdenken. Aber mit meinem gescheiten Kopf ist das ja überhaupt kein Problem. Nur der Jiri verhält sich seither komisch. Immer wenn er mich nur von weitem sieht, läuft er sofort davon. Der wird sich schon wieder beruhigen.

 

Das muss auf alle Fälle besser werden bis nächstes Jahr. Weil dann die Leut’ kommen. Zu uns. Auf’n Moa Hof.

                                                                                                            js

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